Wer hat Angst vor gebildeten Frauen?

09. September 2015

Das Europäische Parlament stimmte am Mittwoch mit großer Mehrheit für den Bericht der sozialdemokratischen Berichterstatterin Liliana Rodrigues zur Stärkung von Mädchen und Frauen durch Bildung.

In der vergangenen Woche hatten sich durch eine Onlinekampagne Stimmen von rechts gegen diesen Bericht gemehrt. Sie fanden zudem Ausdruck in einem alternativen Entschließungsantrag, der durch die neue Fraktion unter Marine Le Pen (Europa der Nationen und der Freiheit) eingereicht wurde. Die Angst vor gebildeten und selbstbestimmten Frauen fand aber wie erwartet keine Mehrheit.

Ziel des Berichtes ist es, auf keinen Fall die Rechte von Eltern und Familien zu beschneiden, wie es leider im Vorfeld fälschlich verbreitet wurde. Auch die Angst davor, mit diesem Bericht gegen das Prinzip der Subsidiarität zu verstoßen, ist völlig unbegründet. Er empfiehlt den Mitgliedstaaten lediglich, einen schulischen Rahmen zu gestalten, der die Schülerinnen und Schüler altersgerecht und vorurteilsfrei auf ihrem Weg in die Selbstständigkeit und Selbstbestimmtheit begleitet.

Die rechtsextreme Fraktion Europa der Nationen und der Freiheit sowie Teile der Konservativen hatten die im Bericht empfohlene sexuelle Aufklärung in der Schule zum Anlass genommen, um gegen den Bericht als Ganzes mobil zu machen. Dabei liege das Hauptaugenmerk der Entschließung auf Empfehlungen zur Überarbeitung der Unterrichtsmaterialien sowie der geschlechtssensiblen und vorurteilsfreien Lehre in Bildungseinrichtungen.

Es stimmt, dass wir gerade im Bildungsbereich schon einiges für die Mädchen und Frauen erreicht haben. Aber dass es heute mehr Hochschulabsolventinnen als Hochschulabsolventen gibt, heißt noch lange nicht, dass alle Stereotype überwunden und Ungleichbehandlungen ausgemerzt wurden. Ganz im Gegenteil: Frauen sind nach wie vor von Gewalt betroffen und beziehen noch immer nicht dieselben Gehälter und Positionen wie Männer - ganz zu schweigen von der Diskriminierung von Menschen mit Migrationsgeschichte oder in gleichgeschlechtlichen Beziehungen", hebt Maria Noichl hervor. Deshalb ist es wichtig, schon in der Schule über verschiedene Lebensrealitäten aufzuklären. Damit Lehrkräfte das leisten können, benötigten sie moderne Unterrichtsmittel sowie zusätzliche Qualifikationen.

Empathie und Respekt müssen bei der Bildung im Mittelpunkt stehen. Nur so können wir die tatsächliche Gleichstellung aller Menschen erreichen – und ein Leben frei von Gewalt für alle realisieren. Nur wer gelernt hat, dass alle Menschen gleich sind, wird dieses Recht ohne zu zögern für sich und andere einfordern.

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