Warum wir gegen ein Verbot von RT (Russian Today) und Sputnik TV gestimmt haben

11. März 2022

Das Schaubild, das die CDU gemacht hat, ist, wie immer bei solchen Schaubildern: Verkürzend und polemisch.

Schaubild RT

Erläuterung

Bei der Entscheidung ging es um einen Änderungsantrag der CDU- und FDP-Parteienfamilien im Europäischen Parlament zu der Entschließung zur Einflussnahme aus dem Ausland auf alle demokratischen Prozesse in der Europäischen Union, einschließlich Desinformation. Hier geht's zum vollständigen Dokument.

RT Bild 1

Wie man sieht, besteht der Änderungsantrag aus zwei Teilen: Erstens eine Begrüßung des Verbots von russischen Propagandasendern und zweitens die Forderung nach "weiteren Maßnahmen". Unsere Ablehnung des Änderungsantrags bezieht sich auf den zweiten Teil des Änderungsantrags: Was sollen denn diese weiteren Maßnahmen sein?

Wir SPD-Abgeordneten im Europäischen Parlament haben mit unserer Zustimmung zur Ukraine-Resolution des Europäischen Parlaments am 1. März bereits das Verbot von russischen Propagandasendern begrüßt, siehe Randnummer 31:

RT Bild 2

Man kann uns also redlicherweise nicht vorwerfen, wir wären gegen das Verbot von russischen Propagandasendern. Unter dem Gesichtspunkt der Presse- und Meinungsfreiheit darf man sich aber dennoch (und erst recht in Kriegszeiten) die Frage stellen, ob sich eine Demokratie nicht gerade dadurch von anderen Staatsformen unterscheidet, dass sie die abwegigsten Meinungen aushalten kann. Allerdings ist bei Kriegspropaganda ein Verbot durchaus noch ein verhältnismäßiger Eingriff in die Pressefreiheit. Deswegen konnten wir auch das Verbot russischer Kriegspropagandasender in der Ukraine-Resolution am 1. März unterstützen.

Die Frage ist nun mit Blick auf den zweiten Teil des CDU/FDP-Änderungsantrags - aus der Sicht der Meinungs- und Pressefreiheit - was für weitere/schärfere Maßnahmen es denn noch geben soll, außer einem Verbot von Mediendiensten? Wollen wir damit jetzt Upload- und Contentfilter durch die Hintertür? Unspezifizierte Forderungen nach "weiteren Maßnahmen", die über ein Verbot hinausgehen, sind nicht akzeptabel. Es ist gefährlich, so unspezifisch mit dem Feuer der Pressefreiheitseinschränkung zu spielen. In diesem Krieg verteidigen wir auch unsere Grundrechte, wenn wir uns solidarisch mit der Ukraine erklären. Deshalb haben wir diesen Änderungsantrag abgelehnt.

Nicht außer Acht lassen sollten man hier auch die Reaktion von Reporter ohne Grenzen, die einem Verbot von RT und Sputnik TV kritische gegeben überstehen und folgende Abwägung treffen: „Der Einfluss dieser Medien auf die Meinungsbildung in Europa ist begrenzt, die zu erwartenden russischen Gegenmaßnahmen allerdings könnten eine unabhängige Berichterstattung aus Russland erschweren oder sogar unmöglich machen.“ Den ausführlichen Artikel findet ihr hier.

Fazit:

RT & Sputnik TV verbreiten Desinformation & Fakenews, was es aufzudecken und anzuprangern gilt! In unserer Demokratie haben unabhängige Medien die Kraft, dies aufzuklären. Pauschale Verbote sollten kein Teil unserer liberalen Medienordnung sein.

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