4.902 Stimmen aus Bayern lehnen das CETA-Abkommen ab. Der bayerische SPD-Landesparteitag hat am 16. Juli 2016 entschieden, CETA abzulehnen. Dieser Beschluss wird nun zusätzlich mit 4.902 Stimmen bayerischer Bürgerinnen und Bürger untermauert, die in einem offenen Brief an Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel fordern, CETA abzulehnen.
Maria Noichl und Ismail Ertug, zwei bayerische Europaabgeordnete der SPD, bringen heute die Kiste mit den Unterschriften des offenen Briefes zur Post.
„Wir haben rote Linien für zukünftige Handelsabkommen festgelegt, CETA geht jedoch über diese Linien hinaus (wie beispielsweise durch die Anwendung des Negativlisten-Ansatzes). Das kann nur eine Konsequenz nach sich ziehen: ein klares Nein zu CETA“, so Noichl. Ismail Ertug ergänzt: „4.902 Stimmen machen deutlich, dass die bayerischen Bürgerinnen und Bürger sowohl die vorläufige Inkraftsetzung von CETA als auch das Abkommen selbst klar ablehnen!“ Das Nein der SPD könnte Deutschland im Europäischen Ministerrat zu einer Enthaltung zwingen.
Unter den Unterzeichnerinnen und Unterzeichnern der Online-Aktion „Klartext, Stimmen aus Bayern zu CETA“ sind auch bayerische SPD Mandatsträgerinnen und Mandatsträger. So unterzeichneten beispielsweise Klaus Barthel (Bundestagsabgeordneter), Johanna Werner-Muggendorfer, Florian Ritter und Andreas Lotte (Abgeordnete des Bayerischen Landtags), Elisabeth Jordan (Mitglied des Bezirkstags) und Seppi Parzinger (Vorstand der oberbayerischen Jusos) den offenen Brief.
Alle eint ein bestimmtes Ziel: eine faire, demokratische Handelspolitik, die den Menschen weltweit dient. Deshalb rufen sie auch gemeinsam zur Demonstration am Samstag, den 17.9.2016 in München auf.
Hintergrund:
Text des offenen Briefes an den Bundesvorstand der SPD https://www.klartext-spd-bayern.eu/
Lieber Sigmar, liebe Bundesvorstandsmitglieder der SPD,
Juli 2016. Jetzt liegen die CETA-Texte ausformuliert auf dem Tisch. CETA hat nun Gestalt angenommen. CETA ist ein ausverhandeltes Freihandelsabkommen zwischen Europa und Kanada, das die maximale Liberalisierung der Märkte bei gleichzeitigem besonderen Schutz der Investoren bietet. CETA wird das Kräfteverhältnis auf beiden Seiten des Atlantiks zugunsten globaler Konzerne verschieben. Noch nie hat die Europäische Union solch ein umfassendes Handelsabkommen verhandelt. Der Mehrwert für die Gesellschaft, die Bürgerinnen und Bürger, ist fraglich, die Gefahren für die Demokratie hingegen sind groß. Für uns als Basis der SPD ist das Abkommen ein weiterer Schritt in die falsche Richtung. Aus unserer Perspektive bleiben daher vier mögliche Zeitfenster, um dieses Abkommen doch noch zu stoppen. Dabei zählen wir ganz besonders auf unseren Parteivorsitzenden Sigmar Gabriel.
Deutschland muss dem europäisch-kanadischen Handelsabkommen CETA im Rat der Ministerinnen und Minister die rote Karte zeigen. Luxemburg geht mit der Entscheidung der luxemburgischen Kammer vom 8. Juni 2016 mit gutem Beispiel voran. Der Wirtschaftsminister, Vizekanzler und Parteivorsitzende Sigmar Gabriel trägt eine besondere Verantwortung dafür, dass die deutsche Stimme im Ministerrat dies nicht unterstützt.
Es entspricht der üblichen Praxis, dass die Kommission dem Rat der Ministerinnen und Minister vorschlägt, die vorläufige Anwendung für Handelsabkommen zu beschließen. Nach Aussage unserer Handelskommissarin Cecilia Malmström soll dies auch bei CETA der Fall sein. Bei einem gemischten Abkommen bedeutet dies, dass alle europäischen Teile bereits nach einer positiven Abstimmung im Europaparlament ihre vorläufige Anwendung finden. Da CETA vom juristischen Dienst der EU-Kommission als ein rein europäisches Handelsabkommen bewertet wurde, würde so das gesamte Handelsabkommen vorläufig in Kraft gesetzt werden, bevor die nationalen Parlamente über dieses abstimmen können. Unser Wirtschaftsminister, Vizekanzler und Parteivorsitzender Sigmar Gabriel trägt eine besondere Verantwortung dafür, dass die deutsche Stimme im Rat der Ministerinnen und Minister dies nicht unterstützt.
Durch den Vertrag von Lissabon liegt die Abstimmungshoheit über europäische Handelsverträge beim Europäischen Parlament und dem Rat der Ministerinnen und Minister. Das Parlament hat in einer Resolution die roten Linien beschlossen, die für TTIP gelten und so auch einen Rahmen für andere zukünftige Handelsabkommen bilden sollen. Das fertige Abkommen mit Kanada überschreitet diese Linien an verschiedenen Stellen. Alle deutschen EU-Abgeordneten tragen für die Einhaltung dieser selbstauferlegten Linien Verantwortung. Für die Abgeordneten der SPD-Gruppe zeigen die Linien des SPD-Parteikonvents zusätzlich die Abstimmungsrichtung an. Die Hauptverantwortung liegt in den Händen der Parlamentarier und Parlamentarierinnen.
Der Bundestag und der Bundesrat müssen bei einem gemischten Abkommen die letzte Verantwortung übernehmen und es ablehnen. Diese Ratifizierung könnte jedoch erst mehrere Jahre nach der vorläufigen Inkraftsetzung erfolgen. Die Abgeordneten des Bundestages sowie die Koalitionen in den Bundesländern tragen dafür in der Zukunft die Verantwortung.
Freundschaft!
Die Basis der SPD aus Bayern