Nach dem Ende des Trilogs zur EU-Agrarpolitik — Standpunkte aus der Veranstaltung vom 15.10.2021 in München

26. Oktober 2021

Die Europäische Agrarpolitik mit ihrem Budget von 55,7 Milliarden Euro jährlich wird alle sieben Jahre reformiert. In der Hybridveranstaltung am 15.10. legten die SPD-Europaabgeordnete Maria Noichl und ihre Gäste ihre jeweiligen Standpunkte dar:

  • Maria Noichl, MdEP: Mitglied im Ausschuss für Landwirtschaft und Ländliche Entwicklung & Schattenberichterstatterin der S&D zum Strategiebericht der GAP

„Die nächsten Generationen werden uns daran messen, ob wir zaghaft oder zügig für eine enkeltaugliche Zukunft kämpfen. Warten, verzögern ist keine Option. Der leider schwache Reformrahmen aus Brüssel muss mit dem Willen zu echter Veränderung in Deutschland nachgeschärft werden. Die Vorgabe „mindestens 25 % Eco-schemes“ gibt uns die Möglichkeit auch 28 oder 30% zu implementieren. Die Soziale Konditionalität muss, nach dem Beispiel Dänemarks, in Deutschland ab dem 1. Januar 2023 verpflichtend gelten. Die Konditionalität für den Erhalt von Direktzahlungen, von Gewässerrandstreifen bis Stilllegung, stellt nur ein europäisches Mindestmaß dar. Eine scharfe Definition des aktiven Landwirtes kann das große Loch der fehlenden Kappung schmälern. Deutschland kann mehr. Deutschland muss mehr leisten. Wer auf nationaler Ebene mögliche Spielräume blockiert oder verstolpert, arbeitet gegen die Zukunft der Landwirtschaft.“

  • Jan Plagge, Präsident Bioland – Verband für organisch-biologischen Landbau e.V.; Vorstand der IFOAM EU Gruppe (Int. Federation of Organic Agriculture Movements, Organic Europe)

„Die Ambition der GAP-Reform war, den landwirtschaftlichen Betrieben einen verbindlichen Rahmen zu geben, innerhalb dem sie für Maßnahmen in Umwelt- und Klimaschutz honoriert werden. Das wäre sehr wichtig gewesen, auch um den Landwirtinnen und Landwirten eine verlässliche Perspektive zu bieten. Leider liefert das die GAP-Reform nicht, sondern stattdessen nur einen sehr schwammigen Rahmen, der letztendlich dazu führen wird, dass sich der EU-weite Wettbewerb um die Fördermittel verschärft – auf Kosten von Umwelt- und Klimaschutz.“

  • Matthias Borst, stellv. Generalsekretär des Bayerischen Bauernverbands (BBV)

„Den Bauernverband stellt das im Juni von EU-Kommission, EU-Agrarrat und EU-Parlament im Trilog vereinbarte Ergebnis für den europäischen Rahmen der EU-Agrarpolitik (GAP) ab 2023 nicht zufrieden. Der Beschluss der Brüsseler Politik sieht für bayerische Bauernfamilien mehr Auflagen und Bürokratie vor. Damit verbunden sind weniger Einkommenswirksamkeit der künftigen GAP für die bayerische Landwirtschaft. Neben einem Ausbau der ökologischen Leistungen der Landwirtschaft - verbunden mit dem weiteren Schwerpunkt der Erzeugung von Nahrungsmitteln - haben wir als Bauernverband die Menschen auf den Bauernhöfen immer in den Mittelpunkt der Beratungen zur GAP gestellt. Nun haben die Brüsseler Verhandler sich im Juni über die GAP geeinigt, weshalb die Landwirtschaft nun auch die formale Zustimmung des EU-Parlaments vertraut. Zugleich laufen aktuell die Umsetzungsberatungen in allen 27 EU-Staaten. Bei den aktuellen Entwürfen zu nationalen Umsetzungsdetails, über die Ende November der Bundesrat entscheidet, bedarf es seitens aller Landesregierungen dringend Korrekturen, damit möglichst alle Betriebe und gerade auch Ökobauern und Grünlandbetriebe das neue Element der GAP, die sog. Ecoscheme, nutzen können.“

  • Hubert Heigl, Landwirt; Präsident des Naturland-Verbandes & Bayerischer Landesvorsitzender Naturland; Erster Vorsitzender LVÖ Vorsitzender

Leider konnten sich EU-Kommission und EU-Parlament nicht gegen den EU-Rat durchsetzen und ambitioniertere Umweltziele für die nächste GAP-Förderperiode durchsetzen. Das neue Instrument der Eco-Schemes macht die Förderpolitik hochkompliziert. Dadurch gibt es zunehmend das Problem der Doppelförderung, von der insbesondere der Ökolandbau betroffen ist. Es bedeutet, dass der Ökolandbau entweder die Kürzungen der Direktzahlungen in der ersten Säule nicht ausgleichen kann oder in der zweiten Säule zusätzliche Kürzungen hinnehmen muss. Die aktuell vorliegenden Entwürfe zum Nationalen Strategieplan für Deutschland und die GAP-Direktzahlungs-Verordnung lösen dieses Dilemma nicht auf. Dadurch droht die GAP-Reform ein „Bio-Verhinderungsprogramm“ zu werden. Und das während gleichzeitig der Bio-Absatz boomt und zu wenig Bio-Ware auf dem Markt vorhanden ist. Die jetzige GAP Reform muss insbesondere bei den Eco-Schemes Grünland und Vielfältige Kulturen nachsteuern. Das Eco-Scheme Pflanzenschutzmittelverzicht wird als einjähriges Programm keinen zusätzlichen Umweltnutzen bringen und nur unnötig Mittel binden. Es muss gestrichen werden. Darüber hinaus muss schon jetzt die nächste GAP Förderperiode ab 2027 geplant werden. Die GAP muss umfassend reformiert werden, das Zwei-Säulen-Modell hat ausgedient.

Die Moderation der Veranstaltung hatte, Klaus Dorsch, Redaktionsleitung top agrar-Südplus, übernommen.

Die Veranstaltung ist in voller Länge hier einzusehen.

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