Die Europaabgeordneten entscheiden am Dienstag, 5. April 2022, ob interinstitutionelle EU-Verhandlungen über Gehälter-Transparenz beginnen werden. Die Zustimmung des Parlaments ist derzeit fraglich. Zwar hatte die große Mehrheit der Abgeordneten in den Ausschüssen Gleichstellung und Soziales bereits für das Verhandlungsmandat gestimmt. Doch die konservative EVP hat zusammen mit mitte- und rechtskonservativen Fraktionen in einer internen Abstimmung Widerspruch gegen die Aufnahme von Verhandlungen eingelegt.
Maria Noichl, S&D-Sprecherin für den Ausschuss für Gleichstellung und die Rechte der Frau:
„Mit diesen Vereinbarungen gehen wir einen wichtigen Schritt für mehr Transparenz in ganz Europa: Gehälter sollen kein Geheimnis mehr sein. Ein Recht auf einen direkten Vergleich mit Kolleginnen und Kollegen kann endlich europaweit Realität werden. Das ist ein großer Erfolg in Sachen Gleichstellung.
Die EVP droht, die Gleichstellungspolitik in der Europäischen Union nachhaltig zu torpedieren. Wer gegen Lohntransparenz stimmt, braucht am Equa Pay Day nicht mehr über Lohnlücken zu reden. Die Konservativen sollten sich von mehr Geschlechtergerechtigkeit überzeugen lassen.
Ein bitterer Beigeschmack bleibt in den aktuellen Vereinbarungen: Als SozialdemokratInnen wollten wir mehr Fairness in allen Unternehmen, von der ersten Mitarbeiterin an. Liberale und ChristdemokratInnen waren für so viel Transparenz jedoch nicht zu haben. Der Kompromiss lässt das Gesetz erst ab 50 Mitarbeiter*innen greifen. So riskieren wir, dass in vielen Unternehmen alles beim Alten bleibt, die Menschen schweigen und Frauen weiter weniger verdienen, weil sie Frauen sind.“
Gaby Bischoff, sozial- und beschäftigungspolitische Sprecherin der SPD-Europaabgeordneten und Vizepräsidentin der S&D-Fraktion:
„Geschlechtsspezifische Lohnunterschiede sind Relikte vergangener Zeiten und gehören endlich abgeschafft. Die Mehrheit der EU-BürgerInnen unterstützt dieses Ziel - die reaktionäre Allianz im Europäischen Parlament stellt sich allerdings gegen Gleichstellung und gerechte Bezahlung. Wir brauchen bessere Instrumente und Hebel, damit Frauen beim Blick auf die Gehaltsabrechnung im Vergleich mit Kollegen nicht mehr erblassen müssen. Diese Richtlinie wird auch die Töchter und Partnerinnen konservativer Abgeordneter betreffen – das sollten sie am Dienstag bedenken.
Zusammen mit einem EU-Rahmen für faire Mindestlöhne haben wir jetzt die Chance, die Einkommen von Millionen EU-BürgerInnen spürbar zu verbessern und unsere Gesellschaft gerechter zu machen.“
Bekommt das Mandat eine Mehrheit im April-Plenum, starten die Verhandlungen zwischen Kommission, Rat und Parlament. Bei einer Ablehnung wird der Bericht voraussichtlich im Mai-Plenum erneut aufgerufen.