Nach guten Nachrichten in der vergangenen Woche im Vorfeld des Internationalen Frauentags, gibt es ein weiteres positives Signal aus den Reihen des Europäischen Parlaments.
Mein belgischer sozialdemokratischer Kollege Marc Tarabella blickte in seinem Fortschrittsbericht zur Gleichstellung der Geschlechter uneingeschränkt und ehrlich auf die Erfolge und Misserfolge des Jahres 2013 in Bezug auf die Gleichstellung. Die Zustimmung zu diesem Fortschrittsbericht stand jedoch im Vorfeld auf wackligen Beinen. Dennoch wurde der Bericht vorgestern mit 441 Stimmen dafür, 205 dagegen und 52 Enthaltungen verabschiedet. In der Gleichberechtigung von Frauen und Männern sind wir es gewohnt in kleinen Schritten vorwärts zu kommen. Und manchmal ist es auch schon ein kleiner Schritt, keinen Rückschritt zu machen.
In dem Bericht wurden verschiedene Baustellen auf dem Weg zur tatsächlichen Gleichstellung der Geschlechter deutlich. Dazu gehört an erster und grundlegender Stelle die strukturelle Gewalt gegen Frauen. Hier müssen wir uns immer wieder deutlich machen: Es handelt sich nicht um eine Häufung von Einzelschicksalen, sondern um strukturelle Diskriminierung von Frauen!
Auch die Armut, die in Europa ganz klar ein weibliches Gesicht hat, ist eine Auswirkung dieser Strukturen. Niemand muss sich heute noch wundern, dass sich die Erwerbsarmut, in der sich eine Vielzahl der Frauen befindet, im weiteren Verlauf ihrer Biographien zu einer Armut im Alter entwickelt. Hinter dem geschlechtsspezifischen Rentengefälle steht die bittere Armut älterer Frauen, die zudem von sozialer Ausgrenzung bedroht sind. Die Sparmaßnahmen zur Bekämpfung der Krise werden auf dem Rücken der Frauen ausgetragen und verschärfen diese Armut noch weiter. Besonders in den von der Krise stark betroffenen südeuropäischen Ländern zwingt die Situation die Frauen in die Knie.
Der Bericht von Marc Tarabella macht außerdem deutlich, dass es bei dem bisherigen Tempo in der Gleichstellung der Geschlechter bis 2034 dauern wird, um die gleiche Bezahlung von Frauen und Männern zu erreichen. Um die Beschäftigungsquoten anzugleichen, wird es sogar noch vier Jahre länger dauern.
Das sicher strittigste Thema im Bericht war die Bestätigung der Wichtigkeit des Rechts der Frauen auf körperliche Selbstbestimmung. Hier ist es notwendig zu betonen, dass es selbstverständlich den Mitgliedstaaten obliegt, wie sie dieses Recht ausgestalten. Die Europäische Union, seit jeher Vorreiterin in der Gleichstellung der Geschlechter, kann es sich nur zur Aufgabe machen, dieses Recht zu unterstreichen und den Austausch von best practice Beispielen voranzutreiben. Da es sich bei diesem Recht jedoch auch um ein grundlegendes Recht im Zusammenhang mit der Gesundheit handelt, sollte es in Strategien zur Gesundheit berücksichtigt werden. Das Europäische Parlament hat an dieser Stelle ein positives Signal gesendet: Obwohl wir uns wünschen würden, dass keine Frau in ihrem Leben die schwere Entscheidung einer Abtreibung treffen muss, wird diese Situation immer wieder eintreten. Deshalb darf die Gesellschaft hier nicht die Augen verschließen und die Frauen in die Illegalität zwingen.
In den europäischen Verträgen steht von Anfang an schwarz auf weiß, dass Frauen und Männer gleichberechtigt sind. Der Alltag sieht aber leider nach wie vor oftmals grau aus!