EU auf dem Weg in die gleichstellungspolitische Bedeutungslosigkeit

04. Dezember 2015

Noch immer fehlt in der EU eine Richtlinie zur ausgewogenen Vertretung von Frauen und Männern in Aufsichtsräten börsennotierter Unternehmen.

Führende internationale Unternehmen, allen voran erfolgreiche Unternehmensberatungen, betonen seit Jahren den positiven Einfluss ausgewogener Teams und eines ausgewogenen Managements auf die Leistung von Unternehmen. Die Firmen machen auch deutlich, welche Strukturen Frauen davon abhalten, in der Firmenhierarchie aufzusteigen und sind dennoch selbst Teil des Problems. Den wissenschaftlich fundierten Appellen folgen leider oft keine Taten.

In vielen der EU-Staaten hat sich der Anteil der Frauen in Aufsichtsräten seit Beginn der Debatte um die Quote zumindest positiv entwickelt. In Frankreich soll bis 2017 eine Quote von insgesamt 40 Prozent erreicht werden, heute liegt sie bereits bei 32,8 Prozent. In Norwegen wurden 40 Prozent bereits 2009 erreicht. Deutschland befindet sich mit 25,4 Prozent seit diesem Jahr auf einem guten Weg. Diese Entwicklungen, die durch verbindliche Maßnahmen in Gang gesetzt wurden, machen Hoffnung.

Der EU-Durchschnitt hat sich durch die Debatte und vor allem durch die Positivbeispiele verbessert. Leider gibt es nach wie vor Länder, in denen Frauen mehr als unterrepräsentiert sind. In Malta zum Beispiel sind nach wie vor 97,5 Prozent aller Posten in den Aufsichtsräten börsennotierter Unternehmen von Männern besetzt.In maltesischen Unternehmen wird das Demokratiedefizit, die Ungerechtigkeit und die Diskriminierung von Frauen besonders deutlich. Solche Fälle stehen den Grundwerten der Union entgegen. Frauen leiden hier besonders unter der gläsernen Decke. Diese immensen Unterschiede kann die EU nicht länger hinnehmen. EU-Kommission und Rat scheinen dennoch weiter in Richtung gleichstellungspolitischer Bedeutungslosigkeit unterwegs zu sein.

Ein weiterer Punkt auf der Tagesordnung des Rates am Montag soll die Zukunft der EU-Gleichstellungspolitik sein. Zuletzt wurde bekannt, dass die EU-Kommission statt einer Strategie nun lediglich ein internes Arbeitspapier vorlegen will. Die EU-Gleichstellungspolitik und ihre Wirkung in den Mitgliedstaaten werden damit sowohl an Sichtbarkeit als auch an Verbindlichkeit verlieren.

Die Entscheidung gegen eine Weiterführung der strategischen Gleichstellungspolitik durch die EU-Kommission ist eine Enttäuschung für alle Frauen in der EU. Der Entschluss ist zudem ein Schlag ins Gesicht der Mitgliedstaaten und des Europäischen Parlaments, die sich bis zuletzt für eine kohärente Strategie eingesetzt haben. Dieser Schritt wird das Europaparlament, Gleichstellungsorganisationen und die Frauen im Allgemeinen aber nicht entmutigen oder aufhalten. Wir werden uns weiter für europäische Lösungen einsetzen - und das sicher nicht still und leise.

Ziel ist ein einheitlicher Schutz, gleiche Chancen sowie eine ausgewogene Repräsentation von Frauen und Männern in allen Bereichen in allen EU-Staaten.

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