EU-Justizkommissarin Vera Jourova hat am Montag, 20. November einen Aktionsplan gegen die geschlechtsspezifische Lohnlücke für zwei Jahre präsentiert. Die geschlechtsspezifische Lohnlücke, die geringere Entlohnung von Frauen für gleichwertige oder sogar gleiche Arbeit, ist in allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union nach wie vor Realität. In Deutschland ist die Kluft bei der Bezahlung von Männern und Frauen sogar so groß wie sonst fast nirgendwo in Europa. Mit 22 Prozent Differenz beim durchschnittlichen Stundenlohn liegt die Bundesrepublik laut EU-Kommission auf Platz 26 von 28 EU-Ländern.
Zum neuen Aktionsplan gehört die schnelle Verabschiedung des Richtlinienentwurfs zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf, die Förderung von Projekten für Frauen in Führungspositionen sowie der Appel zur tatsächlichen Durchsetzung bestehender Rechtsprechung.
Die von der EU-Kommission jetzt präsentierten Maßnahmen werden der Ungerechtigkeit kein Ende setzen. Zwar ist die Stoßrichtung richtig, die Wurzeln des Problems sollen angegangen werden: die starke Ungleichverteilung auf dem Arbeitsmarkts, die nach wie vor fehlende Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie die geringe Anzahl von Frauen in Führungspositionen. Der Plan wird ohne konkretere Instrumente jedoch schnell ins Leere laufen.
Bisher hat kein Vertrag, keine Richtlinie und keine Diskussion um die Auswirkungen der ungleichen Bezahlung das Problem lösen können. Frauen werden nach wie vor auf unserem Arbeitsmarkt ausgebeutet, als flexible Schwungmasse, Zweitverdienerinnen und Risiko gesehen. Unser Arbeitsmarkt ist durch und durch sexistisch. Solange die EU-Kommission hier nicht entschiedener durchgreift und die Mitgliedstaaten entschlossener handeln, bleibt der Gender Pay Gap ein Ausdruck dieses Sexismus.
Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten fordern deshalb von der EU-Kommission zu den jetzt vorgestellten Maßnahmen, die Gesetzgebung zu überarbeiten und endlich konkrete Sanktionsmöglichkeiten für Unternehmen, die gegen diese verstoßen, einzurichten. Die Kommission muss endlich all ihre Möglichkeiten ausschöpfen, um dieser Lohnungerechtigkeit ein Ende zu setzen. Scheinbar muss es für Unternehmen erst richtig teuer werden, Frauen zu diskriminieren, bevor sie davon ablassen.
Gleiche Bezahlung für gleichwertige Arbeit ist ein Grundprinzip der EU und wurde so bereits 1957 in den Römischen Verträgen verankert, jedoch bisher kaum umgesetzt: Im EU-Durchschnitt liegt die geschlechtsspezifische Lohnlücke noch immer bei 16,3 Prozent, in Deutschland sogar bei 22 Prozent.
Einmal im Jahr wird in den Mitgliedstaaten der EU der Equal Pay Day begangen. Je nach Land fällt er auf einen anderen Tag, je nach Tradition auf einen anderen Monat. Im März machen Frauenrechtsorganisationen auf die von Frauen bisher unbezahlt geleisteten Arbeitstage aufmerksam, im November auf die anstehende unbezahlte Zeit bis zum Ende des Jahres.