Eine Schwalbe macht noch lange keinen Sommer

26. April 2017

Ich bin froh, dass die EU-Kommission ihren Überlegungen der letzten Jahre zur Verstärkung der sozialen Dimension der Europäischen Union nun endlich auch Taten folgen lässt.

Das Ergebnis, eine Mischung aus legislativen und nicht-legislativen Maßnahmen, lässt jedoch leider zu wünschen übrig.

Nach einer langen Phase der Konsultationen hat die Europäische Kommission heute die konkrete Ausgestaltung der europäischen Säule sozialer Rechte vorgestellt. Ein wichtiger Teil dieser ist eine neue Richtlinie, welche die Vereinbarkeit von Familie und Beruf fördern soll. Nachdem in den letzten Tagen bereits nach und nach Details durchgesickert waren, herrscht nun traurige Klarheit. Vom großen Wurf für die Frauen und Männern, die Mütter und Väter Europas, sind wir leider weit entfernt.

Die Richtlinie, welche die Bereiche Vaterschaftszeit, Elternzeit und Pflegezeit in sich vereinen soll, hat es beispielsweise versäumt, das Thema Mutterschaftszeit erneut auf den Tisch zu bringen. Obwohl nach der Rücknahme des vorherigen Entwurfs klar war, dass die derzeit 25 Jahre alte Richtlinie einer Überarbeitung bedarf, hat die Kommission hier gekniffen und so eine Chance vertan, die Richtlinie an die gewandelte Lebensrealität der Bürgerinnen anzupassen.

Auch was die Pflege von Angehörigen angeht, gibt es leider keine guten Nachrichten. Der Richtlinienentwurf sieht fünf Tage bezahlten Urlaub pro Jahr für die Pflege naher Verwandter vor. Wer schon einmal seine Mutter oder Vater in den letzten Phasen ihrer Leben begleitet hat, weiß, dass fünf Tage nicht reichen. Dass die Richtlinie ein Recht auf Beantragung flexibler Arbeitszeit in solchen Lebensphasen festschreibt, ist da leider auch nur ein schwacher Trost.

Auch die Dauer der Elternzeit von vier Monaten bleibt unangetastet. Neu hingegen ist, dass eben diese vier Monate nicht übertragbar sind. Dies kommt unseren Forderungen entgegen, einen stärkeren Anreiz für Väter zu schaffen, länger bei ihren Kindern zu bleiben. Dies ist nicht nur gut für die Bindung und die Familie, sondern auch ein Signal an die Unternehmen, das die Diskriminierung von Frauen auf lange Sicht verringern kann.

Überwacht werden sollen diese Fortschritte in Zukunft verstärkt mit Hilfe des Instruments des Europäischen Semesters. Dieses wird nach Wünschen der Kommission auch einen stärkeren Blick auf Fehlanreize, also solche, die der Gleichstellung entgegenstehen, legen, um Reformen anzustoßen. Dabei dürfte in Deutschland schnell das sogenannte Ehegattensplitting in den Fokus geraten.

Ein kleiner Lichtblick hingegen ist vor allem das Recht auf zehn Tage Vaterschaftszeit nach der Geburt des Kindes, das es so im nationalen Recht vieler Mitgliedstaaten nicht gibt. Gerade für deutsche, österreichische oder auch luxemburgische Väter ist dies eine gute Nachricht. Tritt die Richtlinie in Kraft, hat jeder frisch gebackene Vater in der EU, Deutschland, Bayern und Rosenheim das gesetzliche Recht, die ersten zehn Tage nach der Geburt an der Seite seines Kindes zu verbringen.

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