Die europäische Agrarpolitik braucht ein rotes Herz! - Teil 2

17. September 2020

In der europäischen Landwirtschaft arbeiten viele Arbeitskräfte seit jeher unter recht herzlosen Arbeitsbedingungen. Das war bereits vor der weltweiten Gesundheitskrise bekannt. Nun hat dieses Problem aber erstmals die ihm gebührende Aufmerksamkeit bekommen.

Die Arbeitsbedingungen, die im Zuge der Diskussionen über die Ein- und Ausreise von Saisonarbeitskräften und diversen Covid-19-Ausbrüchen in vielen Betrieben bekannt wurden, sind inakzeptabel. Einige dieser Betriebe, die ihre ArbeitnehmerInnen mit falschen Versprechungen nach Deutschland locken oder die Dienste von gewissenlosen Mittlerunternehmen in Anspruch nehmen, erhalten regelmäßig Direktzahlungen von der Europäischen Union. Die GAP sieht für die Verstöße gegen Arbeits- und Sozialrecht keine Sanktionen vor. Das wollen wir SozialdemokratInnen im Europäischen Parlament ändern.

Eine grüne Architektur mit...

Unter der grünen Architektur der Agrarreform können sich viele Menschen etwas vorstellen. Es geht um ökologische Nachhaltigkeit, es geht um Boden, Wasser, Bestäuber und vor allem um die möglichen positiven Auswirkungen einer nachhaltigen Landwirtschaft und deren gerechtem Anteil an der Antwort auf die Klimakrise und den Rückgang an Biodiversität. Diese Ziele sind wichtig und essenziell. Sie sollen in einer starken Konditionalität, in den Öko-Regelungen der 1. Säule und in Agrar-Umwelt-Maßnahmen der 2. Säule kraftvoll verankert werden. Nach und nach, dafür arbeite ich, muss jeder subventionierte Euro einer echten ökologischen Nachhaltigkeit dienen.

... rotem Herz

Den gleichen Anspruch habe ich als Abgeordnete der SPD, wenn es um die sozialen Ziele Europas - auch in der Landwirtschaft - geht. Vor Jahrzehnten standen diese Ziele innerhalb der Agrarpolitik im Mittelpunkt. Die Versorgung der Menschen mit Lebensmitteln und das Einkommen der LandwirtInnen sei hier genannt. Die Landwirtschaft besteht aber nicht nur aus kleinen Familienbetrieben, in denen der Bauer und die Bäuerin arbeiten. Millionen von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern und abhängig Beschäftigte arbeiten das ganze Jahr über in Vollzeit, z.B. als MelkerInnen, oder als SaisonarbeiterInnen bei der Ernte. Hier ist Verantwortung gefragt.

Meine Forderung liegt in Brüssel klar auf dem Tisch. Das Einhalten von Mindeststandards im Arbeits- und Sozialrecht sollte eine Bedingung sein, um europäische Fördergelder zu erhalten. Daher gehört dieser Punkt unbedingt in die sogenannte Konditionalität. Denn nur wer diesen Katalog an Mindestkriterien einhält, soll in Zukunft Direktzahlungen erhalten. Dazu zählt für mich: Die Einhaltung des jeweiligen nationalen Mindestlohns, die Sozialversicherungspflicht, die Steuerabgabe und das absolute Nein zu Schwarzarbeit oder illegalen Beschäftigten. Die europäischen SteuerzahlerInnen müssen sich darauf verlassen können, dass ausschließlich die Betriebe europäische Gelder erhalten, die ArbeitnehmerInnenrechte wahren.

Diese „rote Konditionalität“ baut keine einzige neue Regel auf und verweist nur auf bestehende, nationale Mindeststandards. Sie nimmt die BezieherInnen von europäischen Agrargeldern in die Verantwortung, anständige ArbeitgeberInnen zu sein. Nicht mehr und nicht weniger.

Ich finde, das ist das Mindeste.

... in Europa!

Wenn Europa, als wunderbares Friedensprojekt, als gelebte Nachbarschaft und als gemeinsamer Markt, eine Zukunft haben soll, dann gelingt uns dies nur, wenn wir Fördergelder mit europäischen, menschenrechtlichen und demokratischen Werten in Einklang bringen. Dies muss für alle Förderbereiche der EU gelten. Unser Kampf im Agrarausschuss ist also nur der Anfang.

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