Der Agrarausschuss des Europäischen Parlaments hat am Mittwoch, den 24. September 2025, die Vorschläge der Europäischen Kommission zu einer weiteren „Vereinfachung“ der europäischen Agrarpolitik im Rahmen des Omnibus-Verfahrens angenommen.
Dass im Schatten von sogenannten „kleinen Vereinfachungen“ aber große Deregulierungen stattfinden, stellt leider die neue Normalität in der EU dar. In Zeiten der Klimakatastrophe zahlt die Rechnung dafür die gesamte Gesellschaft.
Die Bemühungen der EU-Kommission, die europäische Agrarpolitik zu vereinfachen, begrüße ich ausdrücklich. Wir alle wollen, dass die Landwirtschaft die gesteckten Ziele auf dem Feld erreicht und nicht ausschließlich am Schreibtisch. Nach der Abstimmung im Agrarausschuss wird nun aber deutlich, dass der Agrarkommissar mit den Vorschlägen die Büchse der Pandora geöffnet hat.
Gleichzeitig wird der derzeitige gesetzliche Mindestschutz von Mooren und Feuchtgebieten gestrichen. Dies stellt einen katastrophalen, flächigen Rückschritt im Klimaschutz dar, der die kommenden Generationen weiter in die Sackgasse führt. Auch beim Einsatz von Düngemitteln und Pestiziden sowie beim Tierwohl soll das derzeitig verpflichtende Ordnungsrecht auf „freiwillig und bezahlt“ umgestellt werden. Das kostet zusätzliches Geld, welches zukünftig besonders an den Stellen fehlen wird, an denen die Gesellschaft bereits heute deutlich höhere, über dem gesetzlichen Mindestmaß liegende, Umwelt-, Klima-, Wasser- und Tierschutzmaßnahmen bei Landwirt:innen einkauft.
Des Weiteren greift der Vorschlag in die Steuerhoheit der Mitgliedsländer ein. Europäische Direktzahlungen von deutscher Steuerrechtsprechung zu befreien, ist eine Luftnummer, die nicht von den EU-Verträgen gedeckt ist. Ein weiterer Tiefpunkt des Papieres aus dem Landwirtschaftsausschuss ist die geplante, immer weitergehende, Abkoppelung des Agrarbereiches von der zukünftigen europäischen Umweltgesetzgebung: Diese soll nicht mehr in den Strategieplänen der Mitgliedstaaten berücksichtigt werden. Ganz Europa sieht, dass die angebliche Vereinfachung europäischer Vorgaben nur ein großer Schritt nach unten auf der Klima-Rolltreppe ist.
Angesichts dieser weitreichenden Änderungen fallen die guten Änderungen des Vorschlags für eine gerechtere und einfachere GAP kaum noch ins Gewicht. Die Fördersumme von kleinen Landwirt:innen wird erhöht, ökologisch wirtschaftende Betriebe werden bei der Umsetzung von Mindestkriterien zukünftig bessergestellt, Vor-Ort Kontrollen vereinfacht und Strategiepläne unbürokratischer umgesetzt.
Dass aber der bisherige Förderrahmen so weitreichend ohne Folgenabschätzung geändert werden soll, ist einmalig. Die europäischen Steuerzahler:innen fragen zurecht, welchen europäischen Mehrwert ihre Steuergelder haben sollen, wenn grundsätzliche Anforderungsniveaus für deren Erhalt kontinuierlich herabgesetzt werden. Ob sich diese Weichenstellung für die Landwirt:innen lohnen wird, wird sich spätestens bei den Verhandlungen zum neuen Mehrjährigen Finanzrahmen zeigen. Denn hier muss in Zeiten knapper Kassen deutlich werden, dass die Gemeinsame Agrarpolitik auch liefert. Und zwar ökonomisch, ökologisch und sozial, um so den Erhalt europäischer Gelder zu legitimieren.