Das Europäische Parlament pocht auf die Einhaltung der Rechtsstaatlichkeit in Polen. In einer Resolution, für die die große Mehrheit der Abgeordneten am Mittwoch, 15. November, gestimmt hat, beauftragen wir den Innenausschuss des Parlaments, einen Sonderbericht anzufertigen, der alle wesentlichen Verletzungen der europäischen Werte durch die polnische Regierung auflisten soll.
Es ist ein trauriges Kapitel für die zahlreichen Menschen in Polen, die für Europa einstehen. Auch sie erkennen, wie wir, dass die polnische Regierung seit ihrem Amtsantritt vor zwei Jahren an den Grundpfeilern der EU rüttelt. Die polnische Regierung hat das Verfassungsgericht im Land de facto arbeitsunfähig gemacht. Neue, umstrittene Gesetze und Initiativen können somit nicht mehr auf ihre Verfassungsmäßigkeit überprüft werden. Die polnische Regierung ignoriert hierzu alle Bedenken und stellt sich damit immer weiter ins europäische Abseits. Jetzt liegt es an der Mehrheit der Abgeordneten im EU-Parlament, alle Verletzungen europäischer Werte in einem Sonderbericht festzuhalten. Das beinhaltet auch die Prüfung aller Initiativen der polnischen Regierung, die ohne die Möglichkeit der unabhängigen und rechtmäßigen Prüfung ihrer Verfassungsmäßigkeit verabschiedet wurden.
Die EU-Kommission hatte bereits Anfang 2015 den so genannten EU-Rechtstaatsmechanismus gegen die polnische Regierung in Gang gesetzt. Seitdem hat die polnische Regierung mehrere Aufforderungen, eine unabhängige Verfassungsgerichtsbarkeit im Land zu garantieren, ignoriert. Stattdessen versucht sie mit einer Justizreform ihren Einfluss auf die Justiz weiter auszubauen. Gewaltenteilung ist der Grundpfeiler aller europäischen Demokratien. Eine Gleichschaltung der Justiz darf in der Europäischen Union nicht geduldet werden!
Teil der europäischen Gemeinschaft zu sein, ist unvereinbar mit dem nationalistischen und fremdenfeindlichen Gedankengut führender polnischer Regierungsvertreter. Jetzt liegt es am EU-Parlament, detailliert mögliche schwerwiegende Verstöße der polnischen Regierung aufzulisten, die zusammen eine eindeutige Gefahr einer gravierenden Verletzung europäischer Werte darstellen. Das Europäische Parlament kann dann auf dieser Grundlage die EU-Mitgliedstaaten auffordern, diese Feststellung gemäß Artikel 7(1) zu bestätigen. Eine Suspendierung der EU-Mitgliedschaft eines Staats ist nach Artikel 7(2) EU-Vertrag möglich, wenn ein Mitgliedstaat in schwerwiegender Weise die Grundwerte der Europäischen Union nach Artikel 2 EU-Vertrag verletzt, also die Achtung der Menschenwürde, die Freiheit, die Demokratie, die Gleichheit, die Rechtsstaatlichkeit sowie die Achtung der Menschenrechte und die Rechte der Personen, die Minderheiten angehören.