Eine Mehrheit im Europäischen Parlament hat in einer Resolution zur Ernährungssicherheit in Europa für die Aussetzung von Klimaschutzregeln in der Landwirtschaft gestimmt.
EU-Agrarkommissar Janusz Wojciechowski hatte bereits am Mittwoch vorgeschlagen, dass die Mitgliedstaaten geltende ökologische Auflagen im laufenden Jahr aussetzen. Damit sollen Landwirt*innen brachliegende Flächen auch mit Pestiziden bewirtschaften können.
Maria Noichl, agrarpolitische Sprecherin der Europa-SPD:
„Die CDU/CSU und große Teile der Agrarindustrie versuchen im Schatten des Krieges in der Ukraine, europäische Vereinbarungen für den Klimaschutz zu schleifen. In fünf Änderungsanträgen zeigen die Konservativen ihre Einstellung offen: Weg mit Strategien wie Green Deal und Farm to Fork, weg mit Brachflächen und dem Schutz der Artenvielfalt. Ideen von vorgestern sollen die Probleme von morgen lösen, das kann nicht gelingen. Dabei sind das unsere Grundlagen für ein autonomes Europa und gesunde Böden für die kommenden Generationen.
Dauerhafte Ernährungssouveränität gibt es nur in Zusammenhang mit einer ressourcenschonenden Landwirtschaft. Wer den Krieg in der Ukraine dazu nutzt, alte Klimablockaden neu zu errichten, versündigt sich an den nächsten Generationen. Dieser Weg führt Europa in eine Sackgasse, aus der der Weg zurück lang und kostspielig wird. In Krisenzeiten muss umgesteuert und weniger Essen für den Trog und mehr für den Teller produziert werden. Dazu muss der weltweite Tierbestand gesenkt werden, etwa indem Subventionen, die mehr Tierhaltung förderten, abgebaut werden.“
Delara Burkhardt, klimapolitische Sprecherin der Europa-SPD:
"Was auf dem Spiel steht, ist nicht die 'Ernährungssouveränität' Europas. Vielmehr geht es um die Fähigkeit Europas, eine intensive Viehwirtschaft aufrechtzuerhalten. Die konservative EVP-Fraktion und die Agrarindustrie betreiben Katastrophenkapitalismus und wittern ihre Chance, all die Nachhaltigkeitszielen zu unterlaufen, die ihnen schon immer ein Dorn im Auge waren. Sollte diese Entschließung umgesetzt werden, würden die sehr begrenzten ökologischen Fortschritte der EU-Agrarreform wieder rückgängig gemacht. Für mich ist das ein No-Go, denn der Agrarsektor der EU ist nach wie vor einer der größten Verursacher des Klimawandels und der Krise der biologischen Vielfalt!
Mit Krisen sollten wir keine ständigen Verschiebungen von Reformen begründen, die Probleme sind dringlich. Die Zeit für die Farm-to-Fork-Strategie ist nicht jetzt, sie wäre schon gestern gewesen. Denn die Strategie sollte unsere Antwort sein - nicht nur auf die Klima- und Biodiversitätskrise, sondern auch, um unsere Landwirtschaft unabhängiger zu machen und so auf die Versorgungskrise, die durch den russischen Einmarsch in der Ukraine ausgelöst werden könnte. Wir hätten uns ein mutigeres Bekenntnis zur 'Farm to Fork'-Strategie gewünscht. Die Änderungsanträge der EVP-Fraktion zielen darauf ab, die 'Farm to Fork'-Strategie komplett zu verwerfen. Ihre Änderungsanträge lesen sich wie der Wunschzettel der Agrarindustrie-Lobby."