Die monatelangen Verhandlungen über die EU-Agrarreform wurden am heutigen Freitag, 25. Juni, abgeschlossen. Die UnterhändlerInnen von Parlament, Rat und Kommission haben sich auf einen Text verständigt.
Mit dieser Agrarreform sind die europäischen Klima- und Umweltziele nicht erreichbar. Die europäische Agrarpolitik kann mehr. Sie muss dazu beitragen, dem Klimawandel und dem Verlust der Artenvielfalt entgegen zu wirken. Das weiß in Europa jedes Kind. Alle sieben Jahre haben wir die Möglichkeit, über die Vergabe von fast 400 Milliarden Euro neu zu entscheiden. Dass Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner, zusammen mit den anderen 26 EU-Mitgliedstaaten im Rat, geschlossen jeden großen Veränderungsschritt blockiert hat, ist eine vertane Chance. Die dringend notwendigen Änderungen für eine nachhaltigere und fairere Agrarpolitik bleiben so aus.
Wir SozialdemokratInnen wollten mit dieser Reform den Ausstieg aus den bisher beinahe bedingungslosen Flächenzahlungen einläuten. Der Kompromiss, demnach künftig ein Viertel der Flächenzahlungen für Umwelt- und Klimamaßnahmen bereitgestellt werden soll, geht in die richtige Richtung, wird aber durch eine Reihe an Ausnahmen für die EU-Staaten verwässert. Das macht es den Mitgliedstaaten für die gesamte Periode abermals möglich, weniger klimafreundliche Anreize zu setzen. Aus grünen Geldern werden graue Gelder - diese Mogelpackung lehnen wir ab.
Es ist mir schleierhaft, wie wir mit der vorliegenden Agrarreform die ambitionierten Ziele des Green Deals und der Farm-to-Fork-Strategie erreichen wollen. Wer sich über ein Weiter-so aus Brüssel freut, muss sich eins vor Augen führen: Die Gruppe derer, die für die Milliarden an Steuergeldern umweltpolitische Änderungen einfordern, wächst täglich. Die Vergabe der Gelder muss in Zukunft durch einen breiten gesellschaftlichen Diskurs bestimmt werden. Mit der Beteiligung des Umweltausschusses im Europäischen Parlament wurde damit ein erster Schritt auf europäischer Ebene getan.
Einen Lichtblick gibt es bei einem zentralen Anliegen der SozialdemokratInnen in Europa: Die Ausbeutung von ArbeitnehmerInnen in landwirtschaftlichen Betrieben wird in Zukunft erstmals sanktioniert. Bei Verstößen werden EU-Fördergelder gekürzt. Das Sozialdumping Schwarzer Schafe wird nun nicht mehr mit EU-Geldern belohnt. Anständige ArbeitgeberInnen in der Landwirtschaft müssen nicht mehr mit LohndrückerInnen konkurrieren.
Bei der Verteilung der Gelder wird die EU-Agrarpolitik aber nicht fairer. Der Kompromiss wird nicht zu einer nennenswerten Umverteilung der Mittel zugunsten der kleinen und mittleren Betriebe führen. Auch künftig werden Millionenbeträge an multinationale Holdings gehen, während der durchschnittliche Betrieb in Europa im ungleichen Wettbewerb unter die Räder kommt. Dafür haben die europäischen Staats- und Regierungschefs im Vorfeld des Abschlusses mit einer gemeinsamen Erklärung gesorgt. Für mich ist das die Spitze des Eisberges, dass das EU-Parlament hier vor vollendete Tatsachen gestellt wird. Die Ungerechtigkeit, dass 80 Prozent der Gelder lediglich 20 Prozent der Betriebe zugutekommen, wird auch in den kommenden Jahren Steuergelder wirkungslos ins Leere laufen lassen.