Ab Dienstag, den 20.10.2020, wird im Europäischen Parlament über die Gemeinsame Agrarpolitik für die nächste Förderperiode abgestimmt. Es geht um viel: Viel Zukunft und viel Geld. Mit den richtigen Mehrheiten werden wir die Gemeinsame Agrarpolitik zukunftssicher gestalten und diese mit einer großen Mehrheit im Parlament untermauern können. Es geht um die klare Ansage an den Rat der Agrarminister und -ministerinnen und an Frau Klöckner: „Am Willen des Parlaments könnt und dürft ihr nicht vorbei!“
Als Verhandlungsführerin für die 146 sozialdemokratischen Europageordneten sehe ich die Situation wie folgt:
Ein Kompromiss als Basis: „coffee“
Als sozialdemokratische Fraktion (S&D) haben wir uns mit den Konservativen (EVP) und den Liberalen (Renew) auf ein Kompromisspaket aus 11 Artikeln geeinigt. So haben wir die Grundzüge der grünen Architektur in Form gegossen. Der Dreiklang - von mindestens 30% Eco-Schemes in der 1. Säule, einer stabilen Konditionalität, welche die einzuhaltenden Grundregeln abbildet, und mindestens 35% für Agrar-Umwelt-Maßnahmen in der 2. Säule - bildet die Basis.
Dabei haben wir sichergestellt, dass ein Transfer zwischen den Säulen jeweils nur im Bereich der Klimagelder vorgenommen werden kann. Kein Klima-Euro darf verloren gehen!
Dem Artikel 87, der Idee der EU-Kommission, durch rechnerischen Klimaschutz zu glänzen, haben wir eine klare Absage erteilt: Zukünftig soll der Beitrag zum Umwelt- und Klimaschutz der GAP auf Grundlage von wissenschaftlichen Berechnungsmethoden klar dargelegt werden. Keine Rechenmanöver, sondern klare Zahlen, Transparenz und Nachvollziehbarkeit, auch für Menschen, die nicht aus der Landwirtschaft kommen, muss das Ziel sein.
Als S&D hätten wir uns natürlich eine noch ambitioniertere Konditionalität gewünscht. Doch wir dürfen nicht vergessen, woher wir kommen. Noch vor einem Jahr haben meine Kolleginnen und Kollegen im Agrarausschuss, ohne mit der Wimper zu zucken, vieles vom Tisch gewischt, was als Fortschritt für Umwelt- und Klimaschutz gedacht war.
Änderungsanträge: „cream“
Für uns als sozialdemokratische Fraktion steht die „Rote Architektur“ im Mittelpunkt: Die eindeutige Forderung, dass Betrieben, die ihrer Verantwortung gegenüber ihren MitarbeiterInnen nicht gerecht werden, in Zukunft empfindliche Konsequenzen drohen müssen. Nationale Mindestlöhne, Versicherungspflichten und soziale Standards sind unverhandelbar. Jahrzehntlange wurde nur für das gute Einkommen der Unternehmer und Unternehmerinnen in der Landwirtschaft gekämpft. Jetzt sind endlich auch die abhängig Beschäftigten im Fokus. Was für uns auch wichtig ist: Eine konsequente Kappung der Basisprämie bei 60.000 Euro pro Betrieb, damit die Agrarsubventionen nicht überproportional bei den größten Betrieben landen. Darüber hinaus geht es um eine klare Ausrichtung unserer Agrarpolitik in Bezug auf die neuen Strategien zu Farm-to-Fork und Biodiversität, die die EU-Kommission vorgelegt hat, und das Bekenntnis zu einer nachhaltigen Entwicklung.
„Coffee with cream“
Nur wenn wir beide Bereiche nächste Woche im Plenarsaal gewinnen - den Basiskompromiss als Kaffee, die Änderungsanträge als Sahnehäubchen oben drauf - wird Europas Zukunft nicht verfrühstückt. Der nächste Kampf um eine bessere Agrarpolitik in Europa wartet dann anschließend im Trilog zwischen Europäischem Parlament, EU-Kommission und Rat. Das Aufweichen unserer Ergebnisse durch den Rat dürfen wir nicht akzeptieren